Helmut Riedel und Helga Gühlcke erinnern sich gerne an die Sommermonate zurück, die sie als Kinder in der AWO-Tageskolonie auf dem Köhlbrand verbracht haben – unbeschwert fernab der Häusertrümmer und beengten Wohnverhältnisse in Hamburg nach dem Zweiten Weltkrieg.
Helga Gühlcke fuhr das erste Mal mit drei Jahren zum Köhlbrand. Das war 1947. Damals nahm ihre Mutter sie mit, die Gruppenhelferin bei der Sozialistischen Jugend Deutschlands „die Falken“ war und regelmäßig Kinder zur AWO-Tageskolonie begleitete. Die Eindrücke und Erlebnisse kommen zurück, wenn sie die alten Fotos betrachtet, die sie als Kleinkind am Köhlbrand-Strand spielend zeigen. „Ich weiß noch, wie ich mich unheimlich gefreut hatte, die Sommertage dort zu verbringen“, erzählt die heute 75-Jährige, die in Altona aufwuchs. „Ich spielte damals viel mit meinen Puppen in den Trümmern der zerbombten Häuser und genoss es, endlich mit dem Dampfer über die Elbe in ein kleines Abenteuer zu fahren.“
Helmut Riedel lernte sie Jahre später kennen, als sie mit einer Falken-Gruppe ins Zeltlager fuhr. Das ehemalige Mitglied des Landesvorstand der AWO Hamburg war das erste Mal mit neun Jahren in der Ferienanlage der AWO Hamburg. 1950 lagen in der Elbe, in der Nähe des Köhlbrand-Strands, Schiffswracks aus dem Krieg. Natürlich war es den Kindern verboten, dorthin zu schwimmen. „Ich tat es trotzdem, wurde aber erwischt“, sagt Helmut Riedel mit einem Lächeln. „Als Strafe durfte ich beim nächsten Ausflug leider nicht mit zum Köhlbrand fahren.“ An den „großen Ort sozialer Erlebnisse“, wie er die Tageskolonie nennt, erinnert er sich noch sehr lebhaft zurück. Zum Beispiel an die große, zur Elbe hin offene Halle, in der das Alltagsleben in der Ferienkolonie stattfand: Dort wurde an langen Holzbänken gegessen, nachmittags gebastelt, gesungen und zu Volksliedern getanzt.
„Wir Arbeiterkinder, wir wohnen in der Stadt, die finstere Höfe und graue Häuser hat…“ lauten die ersten Textzeilen eines Liedes, welches Helmut Riedel und Helga Gühlcke heute noch erinnern und das von der Sozialistischen Jugend auf dem Köhlbrand begeistert gesungen wurde. Auch das Essen war jedes Mal ein Genuss für die Kinder, denn viele von ihnen bekamen zu Hause aufgrund der Lebensmittelknappheit nicht viel auf den Teller. „Ich liebte die Butterbrote auf dem Köhlbrand“, schwärmt Helmut Riedel. „Zuhause gab es manchmal nur Maisbrot mit Magermilchhaut.“
Die besondere Gemeinschaft war es, die Helmut Riedel so wie viele andere Köhlbrand-Besucher*innen nachdrücklich geprägt haben. Kein Wunder, denn „Freundschaft“, ein sozialistisches Grußwort, hing in großen Lettern am weißen Eingangstor zur Ferienkolonie und wurde dort aktiv gelebt. „Wir haben vermittelt bekommen, füreinander da zu sein und nicht nur zu nehmen, sondern auch zu geben“, sagt der 79-Jährige, der schon seit 61 Jahren AWO-Mitglied ist.
Und was wünschen sich die Beiden mit Blick auf die Zukunft? „Was ich der AWO zum 100. Geburtstag wünsche: dass sie weiterhin so viele Menschen begeistert!“ wünscht Helga Gühlcke der AWO Hamburg zum Jubiläum.
Helmut Riedel ergänzt: „Ich wünsche mir einen starken Mitgliederverband, der sich weiterhin mit Leidenschaft für die Menschen einsetzt und ehrenamtliches Engagement fördert.“
Text: Annika Hansen