Konzentriert blicken Eike Möller, Leiterin des AWO Jungentreffs, und Mouataz Alshaltouh auf einen Terminkalender. Sie sitzen an der Bar des zum AWO Jungentreff umfunktionierten ehemaligen Supermarktes am Lohbrügger Marktplatz und planen die kommenden Ferienfahrten mit den Jungs aus Lohbrügge. „Da kann ich leider nicht, zu der Zeit bin ich auf einem Dreh in Prag, aber eine Woche später ginge“, sagt Mouataz. Der 26-Jährige ist inzwischen als gefragter Schauspieler viel in der Welt unterwegs, kommt aber immer wieder gerne zurück in „seinen“ AWO Jungentreff.
Mouataz Alshaltouh, auch „Mo“ genannt, begann 2015 ein Praktikum im Jungentreff. Er organisierte z.B. Spielangebote für Kinder und Jugendliche oder kochte mit ihnen. „Ich habe dadurch super schnell Deutsch gelernt“, erinnert er sich. Denn Mouataz ist kurz zuvor erst 2015 aus seiner Heimatstadt Rakka in Syrien quer durch Europa bis nach Hamburg geflüchtet. Nach seinem Praktikum arbeitete er weiter als Honorarkraft in dem AWO Jungentreff, begleitete Ausflüge und Ferienfahrten, war Ansprechpartner für die Jungs vor Ort und Teil eines Projektes, bei dem Jugendliche ihre Fluchtgeschichten nach Hamburg dokumentierten. In der Schule entdeckt er seine Leidenschaft für das Schauspiel und das Theater: „Man schlüpft in so viele verschiedene Rollen und Perspektiven – das heißt für mich frei zu sein. Daher wollte ich an eine Schauspielschule“, so Mo. Und der Traum wird wahr: Nach vielen Proben im Keller des Jungentreffs besteht er die harte Aufnahmeprüfung, ergattert einen der begehrten Plätze an der renommierten Ernst Busch Schauspielhochschule und zeiht dann 2020 nach Berlin.
Trotz seines Umzugs nach Berlin kommt Mouataz immer wieder gerne nach Hamburg zurück. „Immer, wenn ich in Hamburg bin, komme ich auch in den Jungentreff. Es ist spannend, zu sehen, wie die Jungs ihren Weg gehen. Teilweise kenne ich sie ja jetzt schon fast 10 Jahre“, sagt er. Als seine Schauspielschule während der Corona-Zeit vorübergehend schließen muss, engagiert sich Mo bei der Hausaufgabenbetreuung im Jungentreff. „Das habe ich sehr gerne gemacht und ich glaube, ich habe für die Jungs auch eine Vorbildfunktion.“ Für ein ganz besonderes Event kommt er im November 2023 extra von einem Filmdreh in Griechenland nach Hamburg geflogen: Im Hansa Filmstudio in Lohbrügge hatte der Jungentreff eine Kinovorführung des Films „Ein Fest fürs Leben“ organisiert, in dem er seine erste größere Rolle neben Promi-Schauspielern wie Christoph Maria Herbst spielt. Viele Freunde aus dem Jungentreff, AWO-Mitarbeitende und weitere Wegbegleiter*innen freuten sich mit ihm über seinen Auftritt auf der Kinoleinwand.
In diesem Jahr wird Mouataz seinen Abschluss an der Ernst Busch Schauspielhochschule machen. Das Theater Dortmund hat ihm bereits eine Stelle in seinem Ensemble angeboten. „Das freut mich natürlich sehr für ihn und ich hoffe, dass Mouataz uns trotzdem noch lange als Mitarbeiter erhalten bleibt“, sagt Eike Möller vom Jungentreff. Mouataz entgegnet: „Es wäre toll, wenn es mit dem Theater Dortmund klappen würde. Trotzdem wünsche ich mir, irgendwann auch wieder in Hamburg zu leben zu können, dann könnte ich auch wieder öfter im Jungentreff vorbeischauen!“