Seit Ende letzten Jahres reißen die Negativschlagzeilen über die AWO in Hessen nicht ab. Es geht um skandalöse Zustände rund um überhöhte Gehälter, luxuriöse Dienstwagen und dubiose Geldflüsse. Von Intransparenz und Vetternwirtschaft bei den Kreisverbänden Frankfurt und Wiesbaden ist die Rede. Auch bei der AWO Thüringen gibt es deutliche Hinweise auf extrem überzogene Gehälter und Vetternwirtschaft. Im Jahr nach ihrem 100-jährigen Jubiläum steht die AWO dadurch auch bundesweit in der Kritik. Drohen auch der AWO Hamburg solche Schlagzeilen? Ein Gespräch mit der Vorsitzenden des Präsidiums der AWO Hamburg, Jutta Blankau:

Was sagen Sie zu den massiven Vorwürfen und Vorgängen bei der AWO in Hessen und Thüringen?

Ich bin entsetzt und fassungslos über die immer neuen Details, die über die Vorgänge und die Geschäftspraktiken in den AWO Kreisen Frankfurt am Main und Wiesbaden und jetzt auch bei der AWO in Thüringen bekannt werden. Wenn sich diese alle so bewahrheiten, steht fest, dass man dort in diesen Punkten klar gegen die Grundwerte der AWO als gemeinwohlorientiertem Verband verstoßen hat. Das eigennützige Verhalten einzelner darf nicht zu Lasten der vielen haupt- und ehrenamtlich Engagierten der AWO gehen, die täglich unersetzliche Arbeit für die Menschen leisten.

Was tut die AWO Hamburg, um solchen Vorgängen vorzubeugen?

In Hamburg unterzeichnen alle Mitglieder des Präsidiums, Geschäftsführer*innen und die leitenden Angestellten jährlich den Governance-Kodex, der bei der AWO gilt. In diesem werden mögliche Interessenskonflikte, die unzulässige Annahme von Zuwendungen oder Vorteilen und mögliche geschäftlichen Verbindungen zu nahestehenden Personen abgefragt und die Vorschriften müssen eingehalten werden. Diese Angaben werden an den AWO-Bundesverband weitergegeben. Außerdem halten wir uns streng an das Vier-Augen-Prinzip bei der Unterzeichnung von Rechnungen oder Aufträgen.

Besonders luxuriöse Dienstautos und überzogene Gehälter werden massiv kritisiert. Wie sieht es in diesen Punkten bei der AWO Hamburg aus?

Wir haben keine protzigen und hochpreisigen Fahrzeugmodelle bei der AWO Hamburg und ihren Tochterunternehmen. Das ist auch nicht angemessen für einen Wohlfahrtsverband. Wir beziehen unsere Leasingfahrzeuge vom Volkswagenkonzern (VW, Skoda, Seat, Audi) und diejenigen, die ein Dienstfahrzeug nutzen, dürfen einen begrenzten Betrag nicht überschreiten.
Auch unsere Gehälter entsprechen den Anforderungen, denen die AWO als gemeinnütziger Verband unterliegt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt wurde uns bescheinigt, dass wir als Wohlfahrtsverband unserem Vorstand und unseren Geschäftsführungen angemessene Gehälter zahlen. Im Übrigen sind die Gehälter nachvollziehbar nach Tarif strukturiert und klar nach Verantwortlichkeiten gestuft.

Wie reagiert der AWO Bundeverband auf die Vorkommnisse in Hessen und Thüringen und wie ist hier die Position der AWO Hamburg?

Aufgrund der Vorgänge in Hessen hat das Präsidium des AWO Bundesverbandes umfangreiche Transparenz- und Kontrollmaßnahmen beschlossen, die wir als AWO Hamburg begrüßen und voll unterstützen. Dazu gehört unter anderem eine künftige Höchstgrenze für die Gesamtvergütung von Geschäftsführer*innen und hauptamtlichen Vorständen, die Einführung eines Transparenzregisters, in dem alle Gehälter von AWO-Geschäftsführer*innen erfasst werden, eine weitere Verschärfung des Governance-Kodex, um Eigennutz und vorrangig geschäftliche Interessen weiter zu erschweren und eine Stärkung der ehrenamtlichen Aufsichtsgremien. Da auch unser Präsidium bei der AWO Hamburg so ein ehrenamtliches Aufsichtsgremium ist, begrüße ich die geplante weitere Qualifizierung der Ehrenamtlichen.
Um den Namen und die „Marke AWO“ zu schützen, sollen künftig nur noch die Gliederungen und Gesellschaften das AWO-Logo verwenden dürfen, die sich an die Regularien der AWO halten. Auch das finden wir richtig, denn nur so kann der Name Arbeiterwohlfahrt als wertegebundener Wohlfahrtsverband geschützt werden.

Vielen Dank Frau Blankau!